Schützenhofbunker, Münster

Hochbunker im Geistviertel

Der im Zweiten Weltkrieg unter Bauleiter Johannes Kemper erbaute Hochbunker sollte 1.500 Menschen Schutz bieten. Er liegt mit seinen 70 Metern Länge und 15 Meter Breite in Münsters Geistviertel an der Hammer Straße. Die Wände des Bunkers sind bis zu 2 Meter dick, und trotzdem: Am 18. November 1944 wurde der Bunker bei einem Großangriff von einer Bombe getroffen, die die Decke durchschlug. Getötet vom Detonationsdruck wurden 68 Menschen schließlich Tod aus den Trümmern geborgen. Heute erinnert eine Metalltafel an der Außenwand an die Opfer.

 

Nach dem Krieg verfiel der Bunker als architektonische Wunde im Viertel zunächst in einen Dornröschen-Schlaf. Er wurde von einer Polsterei genutzt, er war Getränkemarkt. Das Bier hinter den dicken Wänden war immer kühl. Professor Johannes Schilling vom Fachbereich Architektur beschrieb diesen Zustand so: „Als sichtbares Zeichen der katastrophalen Zerstörung des Zweiten Weltkrieges an vielen Orten noch präsent, hinterlassen Bunkerbauwerke aus dieser Zeit heute häufig eine allgemeine Ratlosigkeit.“ Erst am 18. November 1984 wurde die Plakette an der Außenwand von Pfarrer Christian Fuchs (Trinitatiskirche) eingeweiht, und der Status des Bunkers als Mahnmal wurde öffentlich manifestiert. Es gab einen Schweigemarsch durchs Viertel im Gedenken an die Opfer.

 

Zwischen 1984 und 1989 gab es dann durch einige kirchliche und nicht-kirchliche Gruppen im Geistviertel Widerstand gegen die geplante Wiederverwendung des Bunkers als "Zivilschutzeinrichtung". Der Widerstand gipfelte in eine Bürgerversammlung mit über 200 Teilnehmern aus dem Viertel. Im September 1989 nahm schließlich Oberbürgermeister Jörg Twenhöven Abstand vom Bunkerausbau. Aber auch die Pläne den Bunker zu einer Mahn- und Gedenkstätte auszubauen scheiterten an den Kosten eines solchen Projekts.

 

In der folge diente der Bunker dann eine Zeit lang als Probenzentrum, auch die überregional bekannten Long Distance Calling haben sich hier gefunden und dann einige Jahre geprobt. Schließlich wurde dem Probenzentrum gekündigt, und der Bunker verkauft. Er sollte abgerissen werden, neuer Wohnraum sollte an seiner Stelle entstehen. Gegen den Abriss formierte sich Widerstand, dies wohl auch, weil im Osten Münsters der Hubertibunker an der Ottostraße abgerissen wurde und die Sprengungen zu Schäden an den umliegenden Gebäuden führten. Aufgrund des Engagements der Anwohner wurde der Hochbunker unter Denkmalschutz gestellt, der Verkauf des Hochbunkers an den Investor wurde aufgrund der geänderten Bedingungen rückabgewickelt. Nach einer kurzen Pause ohne Nutzung erfolgte schließlich der erneute Verkauf an einen Investor und die Konversion des Hochbunkers in Wohnraum. Der Entwurf für den Umbau stammt von Kurscheid & Partner Architekten.


Dies ist keine typologische Beschreibung eines Hochbunkers, wie sie Boris Becker in den 1980ern fast im Stile der Bechers erstellte. Dies ist eine sehr subjektive Beschreibung eines einzelnen Hochbunkers im Viertel in einem kurzen Zeitabschnitt.

 

Diese Bunkerserie ist aber auch eine Geschichte von Widerstand: Zuerst der Widerstand gegen Luftangriffe, dann der gebrochene Widerstand der Bunkerdecke gegen den Druck der Bombenexplosion, nach dem II. Weltkrieg der Widerstand des Betons gegen Zeit und Verfall. Schließlich der Widerstand des Viertels gegen die Wiederverwendung als Zivilschutzeinrichtung und der Widerstand der Anwohner gegen den Abriss des Hochbunkers.

Probenraum im Schützenhofbunker (Münster) von Long Distance Calling mit Bandplakat.
Probenraum von Long Distance Calling

In dem metallischen Postrock der Band Long Distance Calling spiegelt sich für mich auch die Atmosphäre der dicken Betonwände dieses Bunkers wider. Die Band probte hier lange Zeit ihren Instrumentalsound. Meine persönliche Empfehlung sind die Alben Long Distance Calling und Avoid the Light.

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Nicht-kommerzielle Fotografie auf der Suche nach Strukturen, nicht nach gefälligen Motiven:

 

Gerrit Elshof  | Elsässer Straße 25 | 48151 Münster

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