Stephen Shore mit Melinda Crane am 6. Februar 2016 für C/O Berlin


Zitate zur Fotografie

Was andere sagen - und was mir gerne selber eingefallen wäre


Auf die Frage der LFI, was er an den neuen visuellen Strömungen in der Fotografie spannend fände, antwortete Wim Wenders: "Je mehr 'zeitgenössische Photographie' ich sehe, um so mehr gefällt mir an der Photographie, etwas zu zeigen 'wie es ist'. Im digitalen Zeitalter hat sich Photographie zu einer anderen Form der Malerei entwickelt, in der das photographische Sujet eher 'Material' wird, aus dem dann ein Bild geschaffen wird. Das ist von ihren Möglichkeiten fast unwiderstehlich so. Man kann ja heutzutage auf jedes Atom eines Bildes zugreifen und es verändern! Und dabei entsteht eben etwas neues, das Hauptziel zeitgenössischer Photographie. Aber das mache ich im Kino ohnehin schon die ganze Zeit. An der Photographie interessiert mich ihre Reinheit, dieser fast sakrale Akt, mit dem man sich einer Wirklichkeit verpflichtet." (LFI 8/2014)

 

 

In seinem Beitrag zum Buch "Der Rote Bulli" zitiert Christoph Schaden den Fotografen Stephen Shore wie folgt: "Sagen wir einfach, ich fotografiere diese Kreuzung und das ist für mich ein dreidimensionales Problem, was ich irgendwie lösen muss." [aus: "Der Rote Bulli - Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie", herausgegeben von Werner Lippert und Christoph Schaden.] Jetzt will ich mich hier gar nicht mit dem fotografischen Wunderkind Stephen Shore vergleichen, aber das beschreibt genau das, was mich zur Zeit in der Fotografie antreibt: Das Lösen von dreidimensionalen Problemen, die auch eine zweidimensionale Bildebene projiziert werden. Es ist wie ein Rätsel, das es mehr oder weniger geschickt zu lösen gilt.

 

 

"Ob andere das als Kunst akzeptieren, ist von sekundärer Bedeutung." (Timm Ulrichs)

 

 

Tony Hiss schreibt über den 31jährigen Stephen Shore in seinem Beitrag zu "Der Rote Bulli": "Und er lernte, Henri Cartier-Bressons Weltsicht auf den Kopf zu stellen. (Henri Cartier-Bresson war dafür berühmt geworden, den, wie er es selbst bezeichnete, 'entscheidenden Augenblick' festzuhalten. Shore hingegen hatte es zu seiner Aufgabe gemacht, die Bedeutsamkeit des Unscheinbaren und Gewöhnlichen offenzulegen und dem, wie er es nannte, 'nicht entscheidenden Augenblick' zu seiner Bedeutung zu verhelfen." Zitat aus "Der Rote Bulli - Stephen Shore und die Neue Düsseldorfer Fotografie", herausgegeben von Werner Lippert und Christoph Schaden.

 

 

William Eggleston gegenüber arte: "Für mich ist alles wertvoll was mich umgibt. [...] Ich habe immer in Farbe gesehen, seit meiner Geburt. ich glaub nicht, dass ich mich im Laufe der Jahre sehr verändert habe."

 

 

In eine Gespräch mit Lynn Tillman sagte Stephen Shore: "[...] Die Welt der Fotografie sah damals [1965] ganz anders aus. Was ich bis dahin kennengelernt hatte, war, glaube ich, weitgehend so eine Art 'Fotogruppen'-Mentalität. Es gab eine Kritikergruppe in der Stadt [New York City], aber die Bilder waren schrecklich, so Sachen, wie sie in 'Popular Photography' veröffentlicht wurden. Es gab keine erkennbare Zielsetzung, keine wirkliche ästhetische Intelligenz hinter der Fotografie. Es ging einfach darum, gefällige Bilder zu machen." [Stephen Shore: Uncommon Places Amerika - Das Gesamtwerk, Schirmer/Mosel, München 2004]

Wenn ich das obige Zitat von Stephen Shore über 1965 so lese, dann glaube ich zwar, dass sich in der Fotokunst seitdem auch dank Shore sehr viel getan hat, aber wenn ich viele Beiträge von Hobbyfotografen und Fotografie-Interessierten in deutschen Fotoforen und Fotocommunitys mir ansehe, dann glaube ich, dass die Welt doch irgendwie stehengeblieben ist.

 

 

Die Mystik der Realität“ (Allan Porter) ist eine schöne Bezeichnung für die Farbfotografie, für mich passt hier allerdings eher die Mystik des Gewöhnlichen, des Banalen.

 

 

Eine Aussage von Lewis Baltz aus einem Interview mit Jeff Ryan:

Jeff Ryan: “But Weston, or even Ansel Adams or Robert Adams, gives you something like comfort food.

Lewis Baltz: “Well, Ansel Adams does because he’s not a very good photographer; he’s more of a popularizer, a fundraiser, a businessman; he wasn’t an artist. He made postcard pictures. But Weston—unlike Ansel Adams—was trying to be a contemporary artist. He corresponded with Kandinsky. Weston realized 19th century landscape ideals contemporaneously.

 

 

Eine der subversivsten Merkmale der Fotografie liegt in dem Umstand, dass sie uns in ihrer besten Form so oft mit einer Welt konfrontiert, die in krassem Widerspruch zu unseren Sehnsüchten und Zielvorstellungen steht, mit einer Welt oder den Dingen, die sie ausmachen, die wir am liebsten insgesamt negieren würden.“ (Lewis Baltz, Konsumterror: Die spätindustrielle Entfremdung, in: Camera Austria, Nr. 18, 1985, S. 17)

 

 

"[...] Zwei Monate nach dem Ende der Eggleston-Ausstellung eröffnete das Museum die zweite Einzelausstellung mit Werken des zeitgenössischen Farbfotografen Stephen Shore.

Das MoMA, wohl die angesehenste Institution in Amerika, die sich mit Fotografie beschäftigt, hatte der Farbfotografie die Druckerlaubnis erteilt.

Dem MoMA konnte man seine Entscheidungen wohl kaum vorwerfen, so umstritten sie auch zu jener Zeit waren. Sowohl Eggleston als auch Shore waren und sind Fotografen von außergewöhnlichem Talent und Integrität. Sie können nicht verantwortlich gemacht werden für die Flut von einschmeichelndem Müll, der ihnen in die Museen und Galerien folgte, [...]. Trotz radikaler Unterschiede in Stil, Technik und Temperament hatten sich Eggleston und Shore beide der Verwendung der Farbe als beschreibendes und nicht dekoratives Element verschrieben. [...]

Der dominierende oder zumindest größte Teil der Farbfotografie, die man in den späten siebziger Jahren sah, war nichtssagende, überdimensionierte Coffeetable-Kunst, das Endprodukt des ersten von Angebot und Nachfrage regulierten Fotografiestils: soft contemporary, ein benutzerfreundlicher Brei ohne Inhalt, abgesehen von Farbe, und ohne Ideologie, ausgenommen Belanglosigkeit. [...]" (Lewis Baltz, Amerikanische Fotografie in den Siebzigern: Too old to rock, too young to die, in: Lewis Baltz: Texte, 1. Auflage. Göttingen 2013. Übersetzung: Frauke Breede und Brigitta Brandenburg) 


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Nicht-kommerzielle Fotografie auf der Suche nach Strukturen, nicht nach gefälligen Motiven:

 

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